Doctor Strange: Der Eid

Ein Doktor der anderen Art

Im Rahmen des neu erschienenen Marvel-Blockbusters Doctor Strange hat Panini entschieden, einen modernen Klassiker des mächtigen Zauberers zu veröffentlichen: Die Miniserie Schrägstrich das Graphic Novel The Oath (oder zu Deutsch, wo es aber hässlich klingt: Der Eid) von Brian K. Vaughan und Marcos Martin.

Es ist jetzt das zweite Mal, dass ich dieses Heft lese, jedoch das erste Mal auf Deutsch und ich muss sagen, die Übersetzung ist recht gut gelungen!

 

Die Story beginnt in einer Arztpraxis. Um genau zu sein, in der Arztpraxis der Night Nurse, die Superhelden in ihrem Patientenregister bevorzugt. Doch dann stolpert jemand durch die Tür, von dem man es niemals erwartet hatte: Der Sorcerer Supreme, der mächtigste Zauberer des Planeten, wenn nicht gar des Universum, verletzt von einer gewöhnlichen Kugel (na gut, vielleicht nicht ganz so gewöhnlich). Die Night Nurse kann den Magier vor dem Verbluten retten, doch das Abenteuer beginnt erst, als sich die Frage stellt, wer den Obersten Zauberer ermorden will und vor allem warum? Dabei steht dieses Mal jedoch nicht das Schicksal der Welt auf dem Spiel, sondern in erster Linie das Leben von Doctor Stranges bestem Freund und treuen Diener Wong.

Und spätestens wenn den einst so arroganten Doctor dann auch noch seine Vergangenheit einholt, ist klar, dass es sich hier um einen ganz besonderen Comic handelt.

Was mich an diesem kleinen Graphic Novel so fasziniert, ist, dass der Comic - obwohl es um Magie, Dimensionen und Superhelden geht - nie die Erdung verliert. Der beste Indikator dafür ist, dass der Protagonist direkt zu Beginn dem Tode nahe ist. Der Contagonist Wong stirbt langsam aber sicher an einem Hirntumor. Die Night Nurse verliert ihre Praxis. Und der Antagonist macht zu Beginn seiner Karriere als Magier vollkommen nachvollziehbare und logische Fehler. Dazu hilft es auch sehr, dass Autor Brian K. Vaughan als TV-Produzent weiß, wie man sympathische und interessante Charaktere ertabliert. Die Dialoge sind genial und lassen die Figuren äußerst lebendig erscheinen. Besonders die arrogant-schnippischen Sprüche von Doctor Stephen Strange passen perfekt zum Charakter und haben es geschafft, dass ich diese sehr dreidimensionale Version des Charakters in meinem Headcanon als Idealdarstellung des Doktors etabliert habe. Dazu bringen die kecken Seitenhiebe der Night Nurse eine angenehme und sympathische Chemie ins Spiel, die sich niemals erzwungen anfühlt. Abgerundet wird das ganze dann von Wongs machmal zu sehr devot-schleimerischen Aussagen und der auch ganz und gar nicht aufgedrängt oder unpassend wirkenden Einführung des neuen Gegners.

Äußerst interessant ist zudem, das auch mal ein anderer Aspekt von Strange behandelt wird, als immer nur die magische Seite. Nämlich der Doktortitel, der gut die Hälfte seinen Namens ausmacht! Bei dem titelsgebenden „Eid“ handelt es sich nämlich um den Hippokratischen Eid, der auf vielfältige Weise einen inneren Konflikt für Doctor Strange anregt, der sich auf spannende und überraschende Weise auflöst.

Fazit

Vielleicht ist in meiner Review aufgefallen, dass ich den Zeichenstil nicht bewertet habe. Und das aus dem einfachen Grund, weil er einfach passt. Die Action ist schön inszeniert und der im Großen und Ganzen waren die Zeichnungen einfach gut gemacht! Abschließend kann ich sagen, dass mir The Oath einen riesigen Spaß gemacht hat: Ein interessanter Gegenspieler, spannende Konflikte, lebensnahe Charakterbeziehungen, tolle Dialoge und viele wirklich lustige Stellen, die mich zum Lachen gebracht haben. Auch das Finale war ziemlich furios und mal was anderes!

Eine schöne Geschichte für zwischendurch, die zwar nichts neues auf den Tisch bringt, aber sehr viel Lesevergnügen bereitet.

Von Jonas Helmerichs