Jessica Jones: Alias Megaband 1

Eine Heldin für Erwachsene

Lange Zeit mussten sich deutsche Fans gedulden, um endlich die in den USA gefeierte Serie Alias in den Händen halten zu dürfen. Als Heftserie hätte dieses eher im Stil eines Independent-Comics gehaltene Werk zugegebenermaßen kaum eine Chance gehabt, und erscheint daher kompakt in zwei Megabänden, eine Format, das dieser Serie durchaus eine würdige Plattform bietet. Jessica Jones ist, spätestens seitdem sie Star ihrer eigenen Neflix-Serie ist, jedem bekannt.

Alias ist die Geschichte einer gefallenen Heldin. Das Geniale ist dabei, dass Jones, die rauchende, trinkende und fluchende Privatdetektivin, selbt einmal als Superheldin unterwegs war, nun aber ihrem Kostüm überdrüssig geworden ist. Unterbewusst richtet sich diese Serie also direkt an ein erwachsenes Publikum, die selbst der klassischen Strumpfhosen-Helden überdrüssig geworden sind. Nicht nur wegen der harten und derben Wortwahl, auch wegen der erwachsenen Themen, wie z.B. Sexualität, Kriminaltät, Alkoholmissbrauch etc. heben dieses Machwerk aus dem üblichen Einheits-Brei des Genres heraus. Jones selbst wird immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt. Sei es ein Fan, der an die Tür klopft, Superhelden-Kritiker, die ihr feindselig begegnen oder ein One Night Stand mit einem gewissen Luke Cage. Auch die beste Freundin von Jones ist fester Bestandteil der Superhelden-Szene - Ms. Marvel aka Carol Danvers.

Das Artwork ist alles andere als der Mainstream-Stil, allerdings spielt Michael Gaydos auf interessante Weise mit den 

Panels und spiegelt durch die Farbgebung einzigartig die düstere Grundstimmung wider. Allzu farbig ist hier jedoch nichts, es soll schließlich realistisch sein. Sehr schön sind auch  die künstlerischen Intermezzos von Gastzeichnern, wie z.B. David Mack. Autor Brian M. Bendis beweist, wie gut er darin ist, nicht nur reale, sondern auch fesselnde, geradezu lebendige Dialoge zu schreiben, eine Eigenschaft, für die ich ihn sehr schätze. Sowohl durch sein Skript als auch durch die Zeichnungen von Gaydos wird die einstmals strahlende Heldin auf das Menschlichste, Realistischste und Identifizierbarste heruntergebrochen, was Marvel zu bieten hat.

 

Im Grunde bleibt es die Geschichte einer sich in New York durchschlagenden Privatdetektivin, die sich irgendwo zwischen dem Superhelden-, Drama- und Krimi-Genre bewegt.

Es ist die anspruchsvolle und geerdete Charaktersierung der zynischen und im Herzen guten Protagonistin, die dieses Comic zu einer einzigartigen Perle macht.

Die Story dagegen ist nichts Überwältigendes, überrascht jedoch mit einigen schönen Wendungen.

Fazit

Jessica Jones: Alias ist also eine eindeutige Leseempfehlung. Nicht nur für Fans der Serie (die von diesem Band überwältigt sein werden), sondern auch für Comic- und Krimi-Fans gleichermaßen.

Besonders jene sollten zu diesem Band greifen, die genug von den üblichen Superhelden-Geschichten haben, genug von Kostümen. Denn diejenigen werden sich mit Jessica als Mensch sehr gut verstehen.

 Von Jonas Helmerichs